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Filmusik - Aufsatz

Theodor W. Adorno - Hanns Eisler - Jean-Luc Godard - Alexander Kluge - Rainer Werner Fassbinder

Komposition für den Film
Eine Vorschau auf die Vergangenheit von Martin Hufner

I. Komposition für den Film – Entstehung, Ästhetik, Soziologie

Wenn man verallgemeinernd annimmt, daß mit bestimmten historischen Situationen zugleich deren Analysen vom Verfall betroffen sind, so wird auch ein altes Buch veralten. Wenn sich also die Lektüre des alten Buches noch lohnen sollte, so weil in ihm etwas steht, was aktuell geblieben ist oder was zu Anschlußbetrachtungen reizen kann. Das von Theodor W. Adorno und Hanns Eisler verfaßte Buch „Komposition für den Film" ist ein solches Buch. Es hebt sich von der modernen Filmmusikliteratur übrigens schon vom Titel her ab. Es heißt nicht „Filmusik" oder „Musik und Film".

Die Betonung liegt auf dem Begriff der „Komposition" und zeigt dadurch deutlich an, daß es vorrangig von Fragen der Produktion von Musik im Zusammenhang mit dem relativ neuen Massenmedium „Film" handelt. Es geht sowohl um den gesellschaftlichen Standort des Komponisten innerhalb der Produktionsprozesse wie auch um konkrete kompositorische Arbeiten für den Film. Dabei erscheint die Musik immer nur als ein hinzutretendes Medium, wie sehr künstlerisch die Musik auch durchgestaltet sein mag.

Betrachtet man die zeitgenössische Literatur zum Thema Filmmusik, so handelt es sich dabei um vorwiegend praktisch orientierte Werke, die untersuchen, welche Wirkung Musik innerhalb eines Filmes entfalten kann. Es geht um Rezeption, musikbeeinflußte Wahrnehmung von Bildern etc. Von solchen Erwägungen ist tatsächlich ein Teil der Untersuchung Eislers und Adornos geprägt. Es allein auf diese Weise verstehen zu wollen, ist soviel wie nichts verstanden haben.

Der eigentliche Zielpunkt der Autoren liegt tiefer, geht auf Grundsätzliches. „Komposition für den Film" ist wie die „Philosophie der neuen Musik" von Theodor W. Adorno ein ausgeführter Exkurs zur „Dialektik der Aufklärung" von Max Horkheimer und Adorno, also der fast zeitgleich beendeten erkenntnistheoretischen Hauptschrift einer „Kritischen Theorie der Gesellschaft". Für die Herangehensweise, für den Angriffspunkt einzelner Kulturphänomene ergibt sich so ein neuer Blickwinkel. Die allein fachwissenschaftliche Untersuchung liefe ins Leere, wenn sie nicht den Zusammenhang von geistiger und materieller Produktion mitbedenkt.

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